Ratgeber: Alles über Halbleiterrelais
Funktionsweise und Anwendungsszenarien
In diesem Leitfaden untersuchen wir verschiedene Aspekte von Halbleiterrelais, wie sie funktionieren und für welche Art von Umgebungen sie am besten geeignet sind. Dafür werfen wir einen Blick auf den Aufbau von Halbleiterrelais (SSR) und worin sie sich von elektromechanischen Basisrelais, auch Standardrelais (EMR) genannt, unterscheiden.
Was sind (SSR-)Relais?
Physikalisch betrachtet ist ein Relais ein relativ einfaches Schaltgerät, das dazu dient, eine Reihe von Kontakten zwischen zwei Stromkreisen automatisch zu schließen oder zu öffnen. Dieser Prozess wird durch ein simples elektrisches Eingangs- oder Steuersignal ausgelöst, das dafür sorgt, dass sich der Relaisschalter von einer Stellung in eine andere bewegt, typischerweise von "Aus" in "Ein".
Dabei schließt (oder, seltener, öffnet) das Relais eine bestimmte Gruppe von Kontakten und schließt bzw. unterbricht so den oder die Stromkreis/e. In den meisten Fällen also bleiben die Kontakte und somit der Stromkreis offen so lange wie das elektrische Relais kein Signal empfängt. Wird ein elektrisches Steuersignal an die Relaisklemmen gesendet, löst es eine physikalische Reaktion im Relaisschalter aus, die in der Regel dazu führt, dass dieser diese Kontakte schließt und den Stromkreis wie erforderlich schließt.
Bei einem Standardrelais ist dieser Prozess elektromechanisch (daher werden diese Relais mit der Abkürzung EMR bezeichnet). Mit anderen Worten: Ein elektrisches Steuersignal löst eine mechanische Reaktion im Relais aus. Der mechanische Standard-Relaisschalter besteht daher aus beweglichen Teilen, die physikalisch ihre Position ändern, um die Kontakte zu öffnen oder zu schließen und den Stromkreis je nach Bedarf zu schließen oder zu unterbrechen.
EMR und SSR – was ist der Unterschied?
Im Gegensatz zum Standard-Relais hat ein Halbleiterrelais keine mechanischen oder beweglichen Teile. Dennoch können sie weitgehend die gleichen Funktionen wie Standardrelais ausführen: Ein-,Aus-, Öffnungs- und Schließ-Funktionen. Dabei können Halbleiterrelais so ausgelegt sein, dass sie je nach Modell und Anwendung entweder mit Wechsel- oder Direkt-Eingangsströmen arbeiten. Zu den üblichen Spannungen für Gleichspannungseingänge gehören 5 V, 12 V und 24 V DC-Halbleiterrelais, während weit verbreitete Beispiele für AC-Halbleiterrelais oft mit 120 V oder 240 V AC-Eingang arbeiten.
Der Begriff „Halbleiterrelais“ ist tatsächlich sehr weit gefasst: Er bezeichnet das ganze Spektrum von Relais und Konfigurationen, die verwendet werden, um eine Ein- und Ausschaltfunktion zu erreichen.
Viele dieser Konfigurationen werden für bestimmte Branchen oder Anwendungen konzipiert. Halbleiterrelais, die für den Einsatz in der Automobilindustrie hergestellt werden, sind z.B. in der Regel für Plug-and-Play-Installationen ausgelegt und müssen härteren Umgebungsbedingungen standhalten. Typische Features sind in diesem Fall Vibrationsschutz, Überspannungsschutz, Verpolungs- und Kurzschlussschutz.
Wozu werden Halbleiterrelais verwendet?
Halbleiterrelais werden in einer Vielzahl von Anwendungen, Branchen und Industrien eingesetzt:
- Industrielle Steuerungen
- Motorsteuerung
- Robotik
- Entkopplung von medizinischen Geräten und Patienten/Geräten
- Instrumentierung
- Multiplexer
- Datenerfassung
- E/A-Subsysteme
- Zähler (Wattstunden, Wasser, Gas)
- IC-Ausrüstung
- Haushaltsgeräte
Wie funktioniert ein Halbleiterrelais?
Wie bereits oben erwähnt, besteht die Haupteigenschaft eines Halbleiterrelais darin, dass es zum Öffnen und Schließen von Kontakten in einem Stromkreis keine beweglichen Teile benötigt.
Im Gegensatz zu einem mechanischen Relais gibt es also keine Positionsänderung einer Komponente innerhalb des Halbleiterrelais, wenn es zwischen den Zuständen ein/aus, geöffnet/geschlossen umschaltet. Stattdessen arbeitet ein Halbleiterrelais so, dass es das eingehende elektrische Steuersignal in ein optisches Steuersignal umwandelt, das oft über eine Infrarot-LED oder Ähnliches ausgegeben wird.
Dieses optische Signal wird dann über einen kleinen Spalt in einem (permanent) offenen Raum innerhalb des Moduls - bekannt als Optokoppler - auf einen lichtempfindlichen Transistor gesendet, der das Signal umwandelt und an weitere elektrische Bauelemente weiterleitet. Dadurch wird der Stromkreis geschlossen und schließlich die gewünschte Aktion ausgelöst, ohne dass die Kontakte im Halbleiterrelais jemals in direkten physischen Kontakt miteinander kommen.
Montagearten
Zusätzlich zu den zahlreichen verschiedenen Arten von Halbleiterrelais-Schaltern, die auf den weltweiten Märkten verkauft werden, gibt es auch eine sehr große Auswahl an Montagelösungen zur physischen Montage in Schaltkreise oder zur Ergänzung eines größeren elektrischen Systems. In diesem Abschnitt geben wir einen kurzen Überblick über einige der gebräuchlicheren Montagelösungen für Halbleiterrelais verschiedener Art.
Leiterplattenhalterungen
Für die direkte SMD-Montage auf einer Leiterplatte. Dies ermöglicht eine schnelle und einfache Installation, z.B. auf Motherboards und anderen Arten von PCBs. Erhältliche Ausführungen sind welche mit Steckfassungen oder zum direkten Auflöten.
DIN-Schienenmontage
Halbleiterrelais für DIN-Montage sind für den Einbau mit einer Reihe von Standard-DIN-Schienen genormt. Dadurch können neben anderen industriellen Steuergeräten in PCL-Racks und -Gehäusen untergebracht werden, was die Installation erheblich vereinfacht.
Halterungen für Halbleiterrelais-Panels und Chassis
Schalttafelmontierte Halbleiterrelais gehören zu den am weitesten verbreiteten und flexibelsten Schaltertypen. Ihre Bauform ermöglicht das bündige Anbringen mit verschiedenen Arten von Industrie- und Geräte-Panels, Klappen oder Kühlkörpern. Versionen für die Chassismontage bieten ähnliche Funktionalität und Vorteile. Beide Typen werden typischerweise mit verschraubbaren Halbleiterrelaishalterungen befestigt, die eine direkte Befestigung durch den SSR-Sockel, das Gehäuse oder mit speziell entworfene Ösen (auch als Durchgangslochhalterungen bekannt) ermöglichen.
Kühlkörperhalterungen
Zur einfachen Anbringung von SSR-Kühlkörpern bieten sich diese Halterungen an. Üblicherweise werden passive Kühlungen verwendet, für Umgebungen mit besonders hohen Temperaturen stehen aber auch aktive Kühler zur Auswahl.
Steckbare Halterungen
Für schnelle und bequeme Plug-and-Play-Installation steht eine große Auswahl an verschiedene Arten von steckbaren Halbleiterrelais-Schaltern zur Verfügung. Die genaue Art der Steckerbefestigung hängt davon ab, in was und wo das SSR eingesetzt werden soll; in der Regel sind sie jedoch für den direkten Leiterplatteneinbau vorgesehen.
Halbleiterrelais im Vergleich
In der Praxis unterscheiden sich Halbleiterrelais und mechanischer Relais in zwei Aspekten: die Arbeitsgeschwindigkeit und allgemeine Langlebigkeit. Da SSR keine mechanischen Teile beinhalten, die verschleißen könnten, und Wegzeiten ebenfalls wegfallen, übertreffen sie EMR in beiden Punkten.
Auf den ersten Blick sieht es also so aus, als ob Halbleiterrelais ihren mechanischen Pendants in jeder Situation überlegen sind. Dennoch gibt es spezifische Anwendungen und Umgebungen, in denen mechanische Relaisschalter die bessere Wahl sind und Festkörperschaltern vorzuziehen sind.
Solid State vs. mechanische Relais
SSR sind zum Teil recht komplexe Geräte, die auf eine Reihe anderer wichtiger Komponenten angewiesen sind, um ordnungsgemäß funktionieren zu können. Diese können eine Vielzahl verschiedener Halbleiterschaltelemente umfassen, wie z.B. Fotokoppler, Dioden, Transistoren, Thyristoren und weitere. Gerade diese Komplexität ist es jedoch, die in bestimmten Anwendungen oder Umgebungen zum Nachteil reichen kann. Untenstehend finden Sie eine Zusammenfassung der Vor- und Nachteile gegenüber Standard-Relais:
Vorteile von Halbleiterrelais (SSR)
- Nahezu geräuschloser Betrieb
- Sind in der Lage extrem schnell zu Schalten
- Typischerweise geringerer Stromverbrauch als EMR
- Keine Gefahr der Funkenbildung durch schnelle Bewegung der Komponenten, was besonders in Umgebungen mit Zündgefahren wichtig ist
- Reduziertes Risiko von Kontaktfehlern
- Kein Risiko von „prellenden“ Kontakten, d.h. versehentliche Mehrfachkontaktbildungen aufgrund von Ungenauigkeit oder unzureichender Bewegungsdämpfung
- Geringere Anschaffungskosten
- Das Funktionsprinzip ermöglicht kompaktere Bauformen als mechanische Ausführungen
Vorteile von Standard-Relais (EMR)
- Weniger Verlustleistung bei niedrigeren Spannungen gegenüber SSR. In diesem Falle sind EMR energieeffizienter.
- Dies kann bei Geräten auf der Ausgangsseite einen merklichen Unterschied ausmachen und ihre Fähigkeit, mit voller Leistung zu laufen, beeinträchtigen
- Es gibt fast immer eine Form von „Leckstrom“, auch wenn sich ein SSR scheinbar in einer offenen Position befindet.
- Dies macht sie für den Einsatz in vielen Arten von Sicherheitsabschaltungen ungeeignet, da sie auch im 'Aus'-Zustand noch Strom bei hohen Spannungen übertragen (und im schlimmsten Falle einen Stromschlag auslösen) können
- Weniger empfindlich gegenüber kurzen Spannungsspitzen und Überspannungen, die ein Auslösen des SSR verursachen würden
- Geringere Gefahr einer Überhitzung bei großen Lasten oder beim Schalten von mehreren Bauelementen gleichzeitig
Obwohl SSR keine mechanischen Teile beinhalten und somit theoretisch gesehen weniger anfällig für Verschleiß sind, sind sie in der Praxis nicht unbedingt wirtschaftlicher gegenüber EMR. Tatsächlich sind mechanische Kontakte nur selten Ursache für Austausch. Der Unterschied ist also eher marginal.
Fazit
Sowohl elektromechanische als auch Halbleiterrelais eignen sich für eine Fülle jedweder Form von Stromsteuerung, von HLKK über Beleuchtung bis hin zu industrieller Automation. Welche der beiden Technologien die bessere ist, hängt allerdings von den spezifischen Anforderungen ab, u.a. davon wie oft, schnell und zuverlässig das Relais schalten soll. Darüber hinaus gibt es noch eine Reihe weiterer Faktoren, die bei der Auswahl von Relaisschaltern eine Rolle spielen, darunter nicht zuletzt die Wirtschaftlichkeit. Gerade letzteres kann langfristig gesehen die übrigen Vorteile von Halbleiterrelais, wie Leistung und kompakte Bauform, überwiegen. Daher ist es wichtig, bei der Berechnung der langfristigen Betriebskosten auch die Verlustleistung von SSR zu berücksichtigen. Bei EMR hingegen kann es gut sein, dass die regelmäßigere Wartung und die dadurch entstandenen Produktivitätsausfallzeiten und Serviceeinsätze die eingesparten Kosten wieder aufwiegt, da sich alle beweglichen Teile irgendwann abnutzen. In diesem Falle ist es sinnvoll, eine Kostenkalkulation zu erstellen.